Einleitung:
Shadow Madness ist ein rundenbasiertes Rollenspiel aus den USA und sollte die nordamerikanische Antwort auf Spiele wie FFVII sein. Tatsächlich halten sich die Gemeinsamkeiten zu den typischen Japano RPG's dann aber doch in Grenzen, was sowohl gutes als auch schlechtes zu bedeuten hat. Mit nachfolgenden Review möchte ich auf diesen kaum bekannten RPG-Geheimtipp aufmerksam machen.
Story:
Böse Überraschung für Stinger, einen der sechs Protagonisten von Shadow Madness. Gerade als er auf dem letzten Kilometer zu seiner Heimatstadt Port Lochane unterwegs ist, muss er hilflos mitansehen, wie ebendiese von einer gigantischen Energieexplosion im wahrsten Sinne des Wortes eingeäschert wird. Während Stinger in den Ruinen seiner Heimat nach Überlebenden sucht, wird er auf einmal von einem durchgedrehten Monsterbullen angegriffen, womit Stingers Überlebenskampf in der Welt von Arkose auch schon begonnen hat.
Shadow Madness erzählt die Geschichte von sechs grundverschiedenen Personen, die sich zusammenraufen um ihre Welt vor der Vernichtung durch eine mysteriöse Bedrohung zu schützen. So weit so klassisch, das besondere hier ist aber, dass man gleich zu Beginn ins Epizentrum der Zerstörung geworfen wird, hier begint das Spiel nicht gemütlich in einem beschaulichen kleinen Dörfchen, nein, die Zerstörung und der drohende Verfall der Spielwelt wird hier wesentlich konsequenter durchgezogen als in den meisten 08/15 RPG's. Besonders deutlich wird das durch die Titelgebende Krankheit Schattenwahn, die sich seit dem Angriff auf Stingers Heimatstadt wie eine Seuche über ganz Arkose ausbreitet. Überall begegnet man Menschen, die den Verstand verloren haben, wirres Zeug brabbeln und sich mit der Zeit in blutrünstige Berserker verwandeln. Einige der frühen Locations im Spiel wirken eher wie aus einem Katastrophen oder Horrorfilm entnommen als dem typischen heile Welt Fantasy-Klischee. Dies relativiert sich zwar leider je weiter man im Spiel vorankommt, aber der stimmige Ersteindruck bleibt.
Originell sind auch die Charaktere, vom abgebrühten, chronisch ruppigen und sarkastischen Stinger, der immer gerne Streit mit seinen Teamkolegen anfängt, bis zum bierernsten Ernteroboter Harv-5, der mit seinen nüchternen Kommentaren inmitten des ganzen Chaos auch alles andere als für Harmonie in der Gruppe sorgt. Die sechs Charaktere sind allesamt sehr unterschiedlich vom Charakter, was zu vielen genialen Dialogen und Streitigkeiten führt.
Gameplay:
Im großen und ganzen tut man in Shadow Madness dasselbe, was man in anderen RPG's auch tut. Man erkundet die Spielwelt, die hier hauptsächlich aus Renderbildern ala FFVII besteht, sammelt Objekte ein, spricht mit NPC's, oder untersucht Umgebungsobjekte wie Bücher, Portraits oder Maschinen um etwas mehr Infos über die Welt von Arkosia zusammenzutragen oder vieleicht einen versteckten Schatz zu finden.
Das Herzstück von Shadow Madness, sind mit Abstand die Dialoge mit NPC's und generell der Schrifttext im Spiel. Dieser ist nämlich äußerst ausführlich geraten. Statt das man wie in anderen RPG's mit ein, zwei belanglosen Sätzchen abgespeist wird, erfährt man in Shadow Madness sehr viel über den entsprechenden NPC, oder die Spielwelt im allgemeinen. Zugegeben, viel vom Text ist für den erfolgreichen Abschluss des Spiels, oder auch für die eigentliche Story nicht umbedingt wichtig, aber es hilft der Spielwelt Leben und Tiefgang einzuhauchen. Leben, dass man in manch anderen Rollenspiel vergebens sucht. Man merkt ohne weiteres, wieviel Mühe sich die Entwickler mit der Erschaffung von Arkose gegeben haben, dieses Engagement fällt vor allem bei der Clever designten mit Piktogrammen versehenen Weltkarte auf. Der Clou hierbei ist, dass man die oben genannten Piktogramme sogar untersuchen kann, wenn man auf der Weltkarte unterwegs ist, und dabei eine genaue Erklärung darüber erhält, was das Bildniss darstellen soll, so entpuppt sich eine freundlich lächelnde Sonne als eine alte Arkosianische Gottheit namens Mag, der einst in Arkose gehuldigt wurde. Das Spiel ist richtig vollgestopft mit solchen sympatischen kleinen Details, was den Spielspaß natürlich deutlich erhöht, und zum genauen Erkunden und Untersuchen motiviert.
Aber nun weiter im Text, man erforscht also diverse Ortschaften, zu denen man über die Weltkarte reist, sammelt dort Schätze ein, treibt Handel, und unterhält sich mit den entsprechenden NPC's um die Story voranzutreiben. So weit so gut, doch irgendwas hab ich doch vergessen? Ach ja, das Kampfsystem, die Achillesverse von Shadow Madness, über die man lieber den Mantel des Schweigens breiten möchte, was ich als objektiver Tester aber natürlich nicht tun kann (seufz).
Gameplay: Kampfsystem:
Zunächst einmal muss man sich daran gewöhnen, dass man die Menüs nicht allein mit Steuerkreuz und Knöpfen bedient, nein man muss zuallererst einmal mit den Schultertasten einen der vier Aktionsbereiche; Kampf, Zauber, Flucht oder Gegenstände auswählen, bevor man dann in einem weiteren Untermenü die eigentlichen Kommandos auswählen kann. Klingt umständlich? Ist es auch! Aber wie dem auch sei, gehen wir etwas näher auf die einzelnen Menübereiche ein:
Bei den Menüpunkten Gegenstände und Zaubern (letzterer kann ohnehin nur von drei der sechs Charaktere eingesetzt werden.), muss man eigentlich nur eine Auswahl aus den mitgeführten Items bzw den Erlernten Zaubern treffen. Der Haken dabei ist aber, das man dabei eine schier ellenlange Liste runterscrollen muss, während die Feinde munter weiter auf einen einprügeln, richtig gelesen die Kämpfe laufen in Echtzeit ab, auch wenn man gerade in seinem Inventar oder Zauberbuch rumsucht, aber dazu später mehr.
Unter dem Menüpunkt Flucht wirds verworrener, es stehen vier Kommandos zur Verfügung: Angreifen, Ausweichen, Flucht und Aussetzen. Mit Angreifen, kann man in die Richtung des angepeilten Gegners hinrennen um ihn dann eins überbraten zu können, anders als bei anderen RPG's muss man sich hier erst mal auf den Gegner zubewegen um ihn bekämpfen zu können, das klingt jetzt zwar interessant für eventuelle taktische Gefechte, entpuppt sich aber in kombination mit dem Echtzeit-Kampfsystem als absolut unbrauchbar. Dementsprechend ist auch der Einsatz des Ausweich Befehls, den man anwenden muss um seinen Chara vom Gegner zu entfernen damit er nicht mehr angegriffen werden kann, eher unpraktikabel. Flucht sollte jedem RPG'ler bekannt sein, man haut aus dem Kampf ab, was gegen Ende dieses Spiels ein sehr wichtiges "taktisches" Element ist, auch dazu später mehr. Zu guter letzt gibt es noch Aussetzen, auch das sollte sich von selbst erklären, der Chara setzt die Kampfrunde aus, ohne eine Aktion auszuführen. Kann bei magisch begabten Charakteren nützlich sein, um Fernkampfmunition und Zauberpunkte zu sparen.
Zuguterletzt wäre da noch der Menübereich Kampf, dort gibt es folgende Möglichkeiten: Defensiver Angriff = wenig Schaden, aber hohe Trefferquote. Normaler Angriff = sollte sich von selbst erklären. Aggressiver Angriff = das Gegenteil von Defensiver Angriff. Spezieller Angriff = Fernwaffeneinsatz des Nahkämpfers bzw. Nahkampfangriff des Fernkämpfers. Letztendlich wird es aber darauf hinauslaufen, dass man aufgrund des hektischen Echtzeit-Kampfsystems eh nur normale Angriffe einsetzt.
Das Echtzeit-System ist ohnehin der schlimmste Aspekt der Kämpfe. Die Gegner lassen einem was die Kampfgeschwindigkeit anbelangt kaum Luft zum Atmen, man hat einfach keine Zeit die verschiedenen Manöver oder Zaubersprüche auszuprobieren, das ist nach den ersten paar Level-Ups aber ohnehin nicht mehr notwendig, da man die Gegner dadurch nach kurzer Zeit ohnehin bald maßlos an Stärke übertrumpft hat. Und da der Level-Cap von Shadow Madness ohnehin bei umgerechnet 15 liegt (man braucht bloß 55000 Exp um einen Chara auf Level 15 zu bringen), hat man sehr bald eine für jeden Bossgegner unbezwingbare Heldentruppe aufgemotzt, die sich bei regulären Kämpfen alleine aufs Flüchten konzentrieren kann um ZP zu sparen, die dann bei den Bossen verbraucht werden können. Durch das Verkaufen alter Ausrüstungsgegenstände kommt genügend Geld in die Kasse, was man eh kaum benötigt, da man den ganzen Krempel ohnehin auch so finden kann, so werden die Kämpfe nach etwa der Hälfte des Spiels absolut sinnlos. Das gute daran ist, das man sich nach der ersten Hälfte somit kaum noch mit den grottigen Kämpfen beschäftigen muss, und sich somit vollständig auf die Sonnenseite dieses Spiels konzentrieren kann. Desweiteren wird man zum Glück auch von Zufallskämpfen verschont, jeder Kampf kündigt sich durch Monstergebrüll an, so das man mit druck auf L1 und R1 das Duck-Manöver ausführen kann, mit dem man circa der Hälfte der Kämpfe komplett aus dem Weg gehen kann, was bei so nem üblen Kampfsystem aber auch das mindeste ist.
Zuguterletzt sei noch erwähnt, das man den Schwierigkeitsgrad der Kämpfe jederzeit im Optionsmenü ändern kann, auf leicht oder normal, stellen die Kämpfe keinerlei Bedrohung dar, auf schwer ist es anfangs hart, aber auch hier ist nach dem Level-Cap Ende im Gelände.
Grafik, Sound und Präsentation
Optisch ist Shadow Madness stark von FFVII geprägt, die Spielwelt setzt sich aus Renderbildern zusammen in denen klobige Polygon Figuren rumlaufen. Zwar können die Renderbilder graphisch nicht ganz mit dem großen Vorbild mithalten, sind dafür aber schön abwechslungsreich und stimmig gestaltet. Im Kampfscreen wird dann richtige 3D Grafik verwendet, die hier aber ziemlich hässlich aussieht. Hin und wieder gibts auch mal Rendersequenzen zu sehen, die aber ebenfalls alles andere als schick aussehen, was ja eigentlich der Sinn von solchen Sequenzen sein sollte. Dasselbe gilt auch für die Zaubereffekte, da steckt einfach keine Arbeit von seiten der Entwickler dahinter, lediglich die Beschwörungszauber sehen ganz ordentlich aus.
Ganz anders sieht es aber bei der Musik von Shadow Madness aus. Es ist mir kein Track aufgefallen, der sich in den Vordergrund drängt, und somit den Spielfluss stört, wie es sonst bei der japanischen konkurrenz üblich ist. Vielmehr spielen die Melodien angenehm im Hintergrund, um die jeweilige Atmosphäre perfekt zu unterstützen und den Spieler niemals auf die nerven gehen, wie z.B. die berüchtigte Kampfmelodie eines FF.
Die Präsentation von Shadow Madness ist alles im allem ein zweischneidiges Schwert. Hier wird großer Wert auf tolle Atmosphäre und eine liebevoll ausgearbeitete Spielwelt gelegt. Leider muss man sich aber mit einem unbrauchbaren Kampfsystem rumschlagen. Einige Grafikbereiche hätten zudem noch gewaltige Verbesserungen gebrauchen können.
Die positiven Elemente von Grafik, Sound und Präsentation überwiegen meiner Meinung nach die negativen ganz leicht, für ein No-Name-Produkt eine akzeptable Leistung.
Fazit:
Zum Abschluss bleibt noch zu sagen, das Shadow Madness beim besten Willen kein Spiel für jedermann ist, lieben oder hassen heißt hier die Devise.
Das Spiel ist sehr Textlastig, während das misslungene Kampfsystem fast völlig zu vernachlässigen ist. In der Hinsicht ist Shadow Madness sozusagen der Anti-Dungeon-Crawler unter den RPG's, und wer das akzeptieren kann, oder vielleicht gerade nach so einer speziellen Form des Rollenspiels sucht, der sollte definitiv mal reinschauen!
Endwertung:
Die Endwertung basiert auf dem guten alten Schulnotensystem.
- Grafik: 4+
- Sound: 2+
- Steuerung: 3
- Umfang: 2-
- Story: 1-2
- Gesamtwertung Subjektiv: 2+
- Gesamtwertung Objektiv: 3-4
Review by Klevor/Sly Boots